Der Flaschenhals-Effekt

Ausreichende Pufferplanung reduziert den Flaschenhals garantieren einen reibungslosen Ablauf

Jede Führungskraft kennt es: Eigentlich ist alles durchgeplant, die kommenden Wochen sind strukturiert – und dann kommt etwas völlig Unerwartetes dazwischen. Sei es eine neue Priorität von ganz oben, eine gesetzliche Änderung mit weitreichenden Konsequenzen oder eine dringende Marktanpassung – plötzlich gerät der reibungslose Ablauf ins Stocken.

In der heutigen, von schnellem Wandel geprägten Businesswelt sind solche “Eskalationen” längst keine Ausnahmen mehr, sondern die Regel.

Der Flaschenhals-Effekt in Teams

Ein hochoptimiertes Team, das sich strikt an festgelegte Prozesse hält, kann durch unvorhergesehene Ereignisse schnell ins Chaos geraten. Bereits in den 1960er- und 1970er-Jahren belegten Studien aus der Warteschlangentheorie (Operational Research), dass Störungen in Arbeitsprozessen zu immer längeren Bearbeitungszeiten führen. Wenn Aufgaben aufgestaut werden, verbringen Mitarbeitende zunehmend Zeit damit, das entstandene Backlog zu verwalten, anstatt produktiv zu arbeiten. Dies hat fatale Folgen:

Agilität als Lösung – aber nicht ohne Herausforderungen

Agile Methoden wie Scrum haben viele dieser Probleme entschärft. Durch klar definierte Meetings, feste Prozessabläufe und die Selbstorganisation der Teams konnte ein Rahmen geschaffen werden, der auch bei Veränderungen handlungsfähig bleibt.

Doch auch hier bleibt das Problem der unerwarteten Eskalationen bestehen. Ein Scrum-Sprint dauert in der Regel zwei Wochen, in denen Teams ungestört an vereinbarten Aufgaben arbeiten sollen. In der Realität schaffen es jedoch nur wenige Unternehmen, zwei Wochen lang frei von externen Störungen zu bleiben.

Als Reaktion darauf setzen viele Organisationen auf Scrumban – eine Mischform aus Scrum und Kanban. Diese Methode erlaubt flexiblere Zeitscheiben, birgt jedoch den Nachteil, dass Teams ihr Commitment auf konkrete User Stories verlieren. Häufig führt dies dazu, dass Teams aus Sicherheitsgründen hohe Pufferzeiten in jede Aufgabe einplanen. Allein schon weil stetige Unterbrechungen im so vereinbarten Scrumban ein Overhead an An- und Abrüstzeiten, sowie Koordinationsmeetings erfordert. Dies wiederum verringert die Planbarkeit und das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der Teams.

Die Sandwichfalle der Führungskraft

Operative Führungskräfte befinden sich damit oft in einer klassischen Zwickmühle: Einerseits erwarten Vorgesetzte belastbare Ergebnisse, andererseits ist es kontraproduktiv, die Selbstorganisation der Teams leichtfertig aufzugeben. Die Lösung? Ein bewusster Umgang mit Pufferzeiten.

“Immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel”

Der Schlüssel liegt in einer strategisch durchdachten Pufferplanung. Die Warteschlangentheorie zeigt, dass ungeplante Wartezeiten erhebliche Produktivitätsverluste verursachen, die schnell 50% der Kapazität und mehr erreichen können. Wartezeiten und Produktionsverluste steigen dabei exponentiell mit der Auslastung der Teamkapazität (ρ). Nach Warteschlagentheorie läßt sich zwischen Kapazitätsauslastung und Warteschlangen folgendes sagen:

Daher empfiehlt es sich, von vornherein mindestens 20 % der Teamkapazität als bewussten Puffer, also nur unter 80% der potentiellen Teamkapazität einzuplanen. Dies bringt gleich mehrere Vorteile:

  1. Eskalationen werden entschärft – Unerwartete Aufgaben können innerhalb der regulären Abläufe bearbeitet werden, ohne dass sie Prozesse vollständig blockieren.
  2. Planbarkeit und Verlässlichkeit steigen – Teams können ihre Commitments einhalten, was Vertrauen in der Organisation schafft.
  3. Fehlerquoten sinken – Mit ausreichend Freiraum zur Reflexion lassen sich Fehler im Produktionsprozess minimieren.
  4. Führungskräfte entkommen der Sandwichfalle – Sie müssen nicht ständig zwischen den Anforderungen der Geschäftsleitung und den realen Kapazitäten der Teams vermitteln.
  5. Motivation und Produktivität steigen – Teams erleben messbare Erfolge, was eine positive Leistungsspirale in Gang setzt.

Fazit

Geplante Pufferzeiten sorgen für mehr Stabilität, bessere Planbarkeit und höhere Produktivität. Wer sein Team konsequent auf 100 % oder gar 130 % Leistung ausrichtet, riskiert wiederkehrende Engpässe und Stagnation. Eine bewusste Reserve hingegen stellt sicher, dass der Kurs auch bei rauer See gehalten werden kann – mit “immer einer Handbreit Wasser unter dem Kiel”.

Erfahre mehr in unserem Führungs-Coaching oder in einem unserem Führungs-Seminar:

Nach oben scrollen